Ein genauerer Blick in einen gut sortierten Gemüsegarten zeigt, wie einfach ein friedliches Miteinander sein kann: Ganz unterschiedliche Gemüsesorten mit sehr verschiedenen Bedürfnissen können problemlos nebeneinander wachsen und gedeihen, ohne dass sie sich „in die Quere“ kommen. Zugegeben; Menschen und Gemüse lassen sich nicht einfach so miteinander vergleichen – es gibt aber durchaus einige Punkte, in denen wir von Karotte, Kartoffel und Tomate einiges lernen können.

Vielfalt im Garten und im menschlichen Miteinander: Wo sind die Parallelen?
Wer schon einmal einen Gemüsegarten angelegt und gepflegt hat, weiß sicherlich, dass es bei der Gestaltung zahlreiche Möglichkeiten gibt. Um nicht nur eine, sondern mehrere Gemüsesorten anzubauen und zu ernten, setzen viele Gartenbesitzer auf Mischkulturen und Sortenvielfalt. Auf diese Weise wird das Beet nicht nur bunter, sondern auch vielfältiger – also fast genauso wie unsere moderne Gesellschaft. Diversität und Vielfalt zeichnen das Miteinander aus. Ganz ähnlich wie im Gemüsegarten kann das aber nur funktionieren, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden.
So ist es beim Anbau wichtig, dass jede Sorte ihre ganz individuellen Bedürfnisse erfüllt bekommt. Manche Sorten mögen direkte Sonneneinstrahlung, andere lieber Schatten; einige Gemüsesorten brauchen wenig Wasser, wieder andere viel: Jedes Gemüse kann nur dann gesund wachsen und gedeihen, wenn die Umstände im Garten den jeweiligen Ansprüchen genügen. In die Praxis umgesetzt heißt das: Jede Sorte braucht nicht nur Platz zum Wachsen, sondern auch die richtigen Bedingungen. Angewendet auf das menschliche Zusammenleben bedeutet dies, dass jeder Mensch Raum braucht, um sich zu entfalten und auszuleben. Dabei gilt es aber, Rücksicht auf die anderen zu nehmen und ihnen ebenfalls die Möglichkeit zu geben, gemäß ihren Vorstellungen und Wünschen zu leben, auch wenn diese ganz anders ausfallen als die eigenen.
Diversität braucht Raum, Respekt und Toleranz
Gelebte Diversität erfordert ein großes Maß an Respekt für andere, aber auch für sich selbst. Jeder Mensch hat individuelle Bedürfnisse und braucht seine ganz persönlichen Bedingungen, um sich optimal entfalten zu können. Dabei gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“, sondern einfach nur den eigenen Weg. Genau wie die einzelnen Gemüsesorten können alle Menschen die beste Version von sich selbst werden, wenn ihnen der Raum dafür gegeben wird, ohne dass versucht wird, sie in Umständen aufzuziehen und leben zu lassen, die gar nicht zu ihnen passen. Das betrifft vor allem auch das queere Leben, das zu einem entscheidenden Maß auf Individualität basiert.
Schutzräume für bestimmte Personengruppen, aber auch für einzelne Menschen sind essenziell, um die tatsächliche und auch die gefühlte Sicherheit zu gewährleisten. Nur, wer sich sicher fühlt, kann den Mut aufbringen, so zu sein, wie er wirklich ist. Und auch das finden wir letztendlich im Gemüsegarten wieder: Klar abgegrenzte Räume für die einzelnen Sorten tragen dazu bei, dass diese sich ohne Probleme frei entfalten können. Das bedeutet aber keineswegs, dass es nicht auch möglich ist, miteinander in Kontakt zu treten und sich zu verbinden. Im Garten findet dies etwa mithilfe von Bestäubern statt; im menschlichen Zusammenleben gibt es den aktiven Austausch live oder auch im Internet.
Gemeinsames Gärtnern fördert Inklusion und Verständnis
Der Gemüsegarten kann selbstverständlich nicht nur als Metapher für das menschliche Zusammenleben und queere sowie nicht-queere Diversität verwendet werden. Auch in der Praxis kann ein vielfältig gestalteter Garten zu einem besseren Verständnis und einem harmonischeren Miteinander beitragen – zum Beispiel, wenn gemeinsam gegärtnert wird. Nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene hat die Arbeit im Garten viele positive Effekte; vor allem, wenn sie zusammen mit anderen durchgeführt wird. Natürlich darf auch hier von Beginn an niemand ausgegrenzt werden.
Inklusive Community-Gärten ermöglichen den Zugang auch für Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen und stellen sicher, dass jeder, der Interesse hat, mitmachen kann – und das immer seinen ganz individuellen Fähigkeiten entsprechend.
Inklusives Gärtnern richtet sich grundsätzlich an alle Menschen. Das schließt auch diejenigen, die wie auch immer geartete Schwierigkeiten im Miteinander mit anderen haben. Respekt und Toleranz sind viel gebrauchte Worte, lassen sich für manche aber im täglichen Leben nicht immer so einfach umsetzen. Parallel zur gemeinsamen Gartenarbeit können beispielsweise Sensibilitätsworkshops stattfinden, die praxisnah und zielgruppengerecht zeigen, wie unterschiedliche Menschen und Personengruppen so miteinander umgehen können, dass sie einander nicht absichtlich oder versehentlich mit Worten oder Taten angreifen. Erneut lässt sich hier eine metaphorische Brücke zur Diversität im Gemüsebeet schlagen: Wenn die einzelnen Sorten einander so annehmen, wie sie sind, ohne den Raum des anderen zu verletzen, ist ein harmonisches Zusammenleben möglich, in dem jedes Gemüse genau so wachsen und gedeihen kann, wie es seinen individuellen Bedürfnissen entspricht.
Queere Vielfalt gibt es überall – und das ist gut so!
Ein Blick auf den Gemüsegarten zeigt: In nahezu allen Lebensbereichen ist Diversität zu finden. Sie kann auch beim menschlichen Zusammenleben funktionieren und gefördert werden. Anders als beim Gemüse ist es uns Menschen aber möglich, miteinander zu kommunizieren, Betroffene einzubinden und gelebte Inklusion im Alltag zu betreiben. Damit legen wir den Grundstein für eine bessere und harmonischere Zukunft.